Athletik-Sport-Klub Essen 1888

Als im Jahre 1888 sich der athletische Gedanke immer mehr verbreitete, fühlte man auch in Essen das Bedürfnis einer athletischen Vereinigung. Nach vorausgegangenem Aufruf fanden sich im Oktober mehrere Herren zusammen, die den Gedanken in die Tat umsetzten und den Athleten-Klub Essen gründeten. Von den Gründern weilt heute leider keiner mehr unter den Lebenden. Als letzter ist im vergangenen Jahre der Brauereibesitzer Karl Brehmer von uns gegangen. Der Klub entwickelte sich zunächst nur sehr langsam, trotz der großen finanziellen Opfer der Gründungsmitglieder, die durch die Beschaffung der Übungsgeräte entstanden und auch auf Grund des geringen Entgegenkommens der Bürgerschaft. Kamerad Friedrich Pütz, der in den ersten Kriegsjahren von uns ging und bei der Gründung den Vorsitz übernahm, verstand es aber trotz aller Widerstände, das begonnene Werk weiterzuführen.

Als im Jahre 1881 der Athletenverband gegründet wurde, trat auch der Klub diesem bei. Leider musste der Kamerad Friedrich Pütz im Jahre 1892 den Vorsitz aus Gesundheitsrücksichten niederlegen und der Kamerad Josef Lucas übernahm nun die Führung des Klubs. Unter seiner Leitung entwickelte sich der Klub zu ungeahnter Grüße. Josef Lucas, ein Mann mit urwüchsigem Humor, edlem Charakter, aber auch eisernem Willen, verstand es nicht nur die breite Öffentlichkeit für den Sport zu interessieren, sondern diente auch allen Vereiskameraden als Vorbild, besonders den Aktiven, die nun wetteiferten, mit ihm zu höchsten sportlichen Leistungen kamen. Unter seiner Leitung nahmen die einzelnen Kameraden mit großem Erfolg an Gau-, Kreis-, Verbands-, Europa- und Weltmeisterschaften teil, woselbst sie neben guten Plätzen auch zu Meisterehren kamen. Die besten Kämpen dieser Glanzzeit bleiben unvergessen und der heutigen Jugend bleiben die Namen Kellermann, Troschke, Henkes, Balkmann, Schmiedel, Diesner, Gottschalk, Bethkowski, Kunst, Eikeltrath, Sperling, Thiel , Buchholz, Hinge, Becker und viele andere immer als Vorbild.

Das Jahr 1910 war für den Klub auf sportlichem Gebiet wohl das erfolgreichste. Neben den Erfolgen, welche die Vereiskameraden bei den in Düsseldorf stattgefundenen Weltmeisterschaften erzielt hatten, wurde der Kamerad Sperling, Diesner, Schäfer und Buchholz zum internationalen Turnier nach Frankfurt geschickt, woselbst um den von der Stadt Frankfurt gestifteten Geldpokal gestritten wurde. Die besten Ringer aus aller Welt trafen hier zusammen. Heiß ging es in den Tagen der Veranstaltung zu und manch sieggewohnter Meister musste die Überlegenheit des Essener Meisterringers Gustav Sperling anerkennen. Erst am 3. Tage gelang es unserem Gustav Sperling nach einem vierstündigen Kampfe mit dem Polizisten Karl Freund aus Ludwigshafen, Sieg und Goldpokal zu erringen. Die Nachricht von dem Erfolg erweckte bei der Essener Bevölkerung große Anerkennung und Freude, die bei seiner Rückkehr in die Heimat von den am Bahnhof weilenden tausenden Anhängern bestätigt wurde. Welch große Stellung der Klub sich bei der Bevölkerung erworben hatte, zeigte die große Anteilnahme derselbe bei der im Jahre 1913 stattgefundenen Jubelfeier, die in allen Sälen des Städt. Saalbaues stattfand. Besonders erwähnt sei noch die Vorführung einer Musterriege, von allen Essener Athleten zusammengestellt, vor dem Deutschen Kaiser, anlässlich der Einweihung des Stadions in Berlin-Grunewald 1913. Alle Zeitungen der ganzen Welt brachten spaltenlange Berichte über das große Können der Essener Athleten.

Im Jahre 1914, bei Ausbruch des Krieges, musste der Übungsbetrieb eingestellt werden, da alle aktiven Sportler zum Wehrdienst eingezogen wurden. Nach dem Kriege versammelten sich die heimkehrenden Kameraden wieder um den alten Vorsitzenden Josef Lucas. Unter tatkräftiger Hilfeleistung der Kameraden Hinge und Schäfer zum Wiederaufbau stand der Verein bald wieder in voller Blüte. Infolge eines Unfalles musste im Jahre 1922 der Kamerad Josef Lucas sein Amt als Vorsitzender niederlegen, sehr zu Leidwesen aller Vereinsangehörigen. Die Leitung wurde nunmehr von dem Kamerad Karl Kammertöns übernommen. Mit tatkräftiger Unterstützung der übrigen Vorstandsmitglieder, insbesondere des Kameraden Fritz Eikeltrath, wurden in den folgenden Jahren mehrere internationale Ringkämpfe veranstaltet: so mit Holland zweimal, Frankreich, Österreich, Schweden, Dänemark und Ungarn. Mit Ausnahme des zweiten Kampfes mit Holland, der unentschieden endete, wurden alle Kämpfe für Essen gewonnen, die Ungarn erlitten die einzige Niederlage in Essen. Desgleichen wurden laufend Städtekämpfe zur Durchführung gebracht, die alle für die Essener Farben entschieden wurden. Durch die großen Erfolge stieg die Mitgliederzahl des A.S.C. 88 auf 500 Mann, so dass der Verein an Leistung und Kopfstärke an der Spitze aller kraftsporttreibenden Vereine des Verbandes stand.

Einige Jahre konnte der Klub diese überragende Stellung einhalten, bis im Jahre 1926 durch Eigenbrödeleien einiger Mitglieder und Fehler des Vorstandes Verfallserscheinungen eintraten, die dem Klub in wenigen Wochen die Hälfte aller Mitglieder kostete. Es folgten nun Jahre schwersten Kampfes, welche die größte Energie aller Mitglieder erforderte, um die Stellung und Anerkennung des Vereins in der Öffentlichkeit hochzuhalten. Müde geworden, legte im Jahre 1930 Kamerad Karl Kammertöns den Vorsitz in die Hände des Kameraden Willy Obervoßbeck, der vom Jahre 1920 ab das Amt eines Übungsleiters im Verein bekleidet hatte. Mit aller Energie ging es wieder an die Arbeit. Neben dem Ringsport wurde nun auch der Gewichthebersport, der einige Jahre im Hintergrunde gestanden hatte, wieder gefördert. Schon nach wenigen Wochen gelang es der eifrigen Mannschaft bei den Mannschaftskämpfen im Kreis und Gau, den II. Platz u belegen. Obwohl die damalige Leistung der Mannschaft als gut zu bezeichnen war, war es ihr noch nicht möglich, zum Endkampf um die „Deutsche“ zu kommen.

Erst im Jahre 1934 gelang es Willy Obervoßbeck, unter den besten Gewichthebern Essens eine Einigung zu erzielen, die dann in unseren Klub zusammengeschlossen, als eine der stärksten Mannschaften des ganzen Athletenverbandes galt. Schon die erste Begegnung mit dem traditionellen deutschen Mannschaftsmeister München 1860 in Augsburg bewies die Stärke der Essener Mannschaft. Wenn auch knapp, es waren nur 25 Pfund, aber sicher wurde die Mannschaft der sieggewohnten Münchener Löwen geschlagen und der stolze Titel eines Deutschen Mannschaftsmeisters konnte nach Essen entführt werden. Wie groß die Freude der Essener Bevölkerung über den Sieg der Gewichtheberstaffel war, zeigte sich so recht bei der Einholung der Mannschaft am Hauptbahnhof, woselbst die etwa 5000 erschienenen begeisterten Sportanhänger beim Umzug durch die Stadt der Mannschaft ihr Geleit gaben. Auch die Vertreter von Stadt und Staat waren am Bahnhof erschienen, um der Mannschaft Gratulation und Anerkennung auszusprechen. Dass es den Münchener Kameraden unerklärlich war, dass eine andere Mannschaft den Titel erreichen konnte, und nun alles daransetzen würde, die Scharte wieder auszuwetzen, war für uns selbstverständlich. Mit großer Energie ging es wieder an die Arbeit, um die bestehende Mannschaftsleistung zu erhöhen. Wie recht wir hatten, zeigte schon die nächste Begegnung mit der aufstrebenden Mannschaft von Freising. Wurde unsere erste Meisterschaft mit 3650 gewonnen, so mussten bei dem Treffen mit Freising diese schon auf 3710 Pfund erhöht werden, um den Gegner abzuschlagen. Mit den erzielten Leistungen und Erfolgen, die ohne die große Unterstützung von Stadt und Staat nicht möglich gewesen wäre, wuchs auch die Zuschauerzahl bei den einzelnen Veranstaltungen. Waren bei den früheren Veranstaltungen eine Zuschauerzahl von 1000 Personen etwas ungewöhnliches, so konnten bei den nun folgenden Veranstaltungen die Schaulustigen im größten Saale des Saalbaues nicht mehr untergebracht werden. Durch die Übersiedlung des Weltrekordlers Schattler von Berlin nach München 1860 gelang es diesem, die Mannschaft des Klubs mit einer Leistung von 3790 gegen 3775 Pfund zu schlagen. So bedauerlich für Essen die Niederlage war, die Lehren wurden daraus gezogen, inzwischen hatte sich im Süden des Reichs die Sportvereinigung Freising den Bantamgewichler Bumberger aus Köln und den Leichtgewichtler Schubert aus Berlin gesichert. In Gemeinschaft mit diesen Männern erzielten sie auf Anhieb die Mannschaftsleistung von 3845 Pfund. Waren bisher die Mannschaften von München 1860, Augsburg und Essen 1888 die Rivalen, so trat nun Freising als vierter im Bunde auf. Der Endkampf 1938 wurde von München 1860 gestartet, an dem Essen 1888 und Freising als Endkampfgegner teilnahmen. Waren die Kämpfe 1936 und 1937 schon Höhepunkte im Sport, so sollte 1938 doch an Leistung alles in den Schatten stellen. Alle Mannschaften hatten in den verschiedenen Vorkämpfen schon die 38 Zentner-Grenze überschritten, eine Leistung, die vorher keiner für möglich gehalten hätte. Wer also Sieger werden wollte, musste an die 39 Zentner herankommen. Die 88er, die zwar die Reise nach München antreten mussten, waren trotzdem voller Zuversicht, obwohl sie wussten, dass ihnen dort nichts geschenkt werden würde. Am Tage des Endkampfes in München rüsteten die Essener Kameraden in der Heimat für die 50. Jubelfeier. Welches Geschenk wäre für den Verein schöner gewesen, als erneut den Titel heimzubringen. Dieser Wille war bei der Essener Mannschaft vorhanden. Nach hartem Kampf und mit einer Leistung von 3890 Pfund, bisher die beste Leistung, die je erreicht worden war, wurde Sieg und Titel von 88 erkämpft. Eine Leistung, die einzig zu bewerten war.

Wenn in den ersten 25 Jahren seit dem Bestehen des Klubs von den Mitgliedern eine Anzahl von Einzelmeisterschaften erkämpft wurden, so wurde, wie geschildert, in den Nachkriegsjahren bis heute mehr Gewicht auf Mannschaftskämpfe gelegt, die aber auch die Erringung von Einzelmeisterschaften nicht ausschließen sollten. So konnte unser Erich Kielmann im Bantamgewicht nicht weniger als zwei Rekorde, so 185 Pfund beidarmig Reißen und 225 Pfund beidarmig Stoßen, erzielen. Im Federgewicht zeigte der junge Ewald Breßlein enorme Leistungen und auf Anhieb den II. Platz bei den Deutschen Meisterschaften in Lage. Im Leichtgewicht konnte Karl Jansen sich nicht weniger als achtmal den Titel eines Deutschen Meisters, Europameisters, 3 Olympiasiege erkämpfen. Besonders sei auch an seine dreimonatige Tournee durch Amerika erinnert, wo er bei allen Kämpfen seine Gegner hinter sich lassen konnte. Im Mittelgewicht war es Adolf Wagner, der seit 1934 abwechselnd mit seinem großen Rivalen Ismayr um den Titel gestritten hat, darüber hinaus aber auch II. Olympiasieger und 1938 in Wien sogar die Weltmeisterschaft erkämpfen konnte. Im Halbschwergewicht war 88 durch den Mittelgewichtler Hans Gottschalk vertreten. Neben seinem Rekord von 205 Pfund rechts Stoßen, der heute noch Gültigkeit hat, hat auch er sich immer unter den ersten drei Siegern bei den Deutschen Meisterschaften befunden. Im Schwergewicht gelang es unserem Karl Bierwirth schon bei den Olympischen Spielen in Amsterdam, den III. Platz zu belegen. Darüber hinaus ist sein Rekord mit 200 Pfund Stoßen links heute noch gültig. Neben diesen sind die Namen von Verlei, Kannwald, Schmidt, Scheffler, Wagner Karl und Josef, Graumann und viele andere mehr zu benennen, deren Leistungen ebenfalls weit über dem Durchschnitt lagen, aber immer im Schatten der großen Brüder standen. Wenn in den letzten Jahren die frühere Domäne des Klubs, die Musterriegenarbeit, etwas vernachlässigt wurde, so konnten die Männer Kannwald, Kudelski, Hußmann, Neubach, Schneider, Schmidt, Groer unter Leitung von Willy Scheffler schon auf Anhieb bei den Meisterschaften in Dortmund den II. Platz belegen. Dass auch die Ringermannschaft immer dabei gewesen ist, versteht sich am Rande. Wenn es auch nicht zu einer Verbandsmeisterschaft gekommen ist, so musste doch mit ihrem Können gerechnet werden. Die Liste wäre aber nicht vollständig, würde ich nicht die großen Leistungen der Ringer Wenzel, Bay, Schneider, Neubach, Mechtenberg, Buchholz, Diesner, Hinge, Alt, Stannul, Hußmann, Hommen, Obervoßbeck und viele andere mehr erwähnen, die sich bei Gau-, Kreis- und Verbandskämpfen in die Siegerlisten eintragen konnten. Hiermit dürfte bewiesen sein, dass die Jugend dem Beispiel der Alten gefolgt und neben den Einzelmeisterschaften auch noch Mannschaftsmeisterschaften erkämpfen konnte. Der Boxsport, der nach dem ersten Weltkrieg zur Blüte gelangt, fand bei Essen 88 ebenfalls eine Pflegestätte. Mit Recht konnte der Vereisvorstand sagen, dass die Leistungen der zweiten 25 Jahre sich würdig an die der ersten 25 Jahre anschlössen und mit der Hereinholung der Deutschen Mannschaftsmeisterschaft 1938 konnte der Verein eine Erfolgsserie beschließen, die einzig dastand. Das folgende Jahr 1939, in dem uns bestimmt weitere Erfolge beschieden gewesen wären, sollte anders geschlossen werden, als wir es uns gedacht hatten. Der zweite Weltkrieg entbrannte und setzte allen sportlichen Beginnen ein Ende.

Nach dem Zusammenbruch des Reiches im Jahre 1945 schien zunächst alles in Lethargie verfallen zu sein. Die großen Verluste, die der Krieg uns gebracht hatte, denn nicht weniger als 39 Aktive sind gefallen, waren so schmerzlich, dass wir Wochen benötigten, um uns zu sammeln. Dann aber fanden sich die Unentwegten wieder ein und beschlossen, der Zeit Rechnung tragend, sich in einem Verein zusammenzuschließen. Schnell wurde eine Einigung erzielt und bald schon fand im Gasthof von Heinrich Arnolds die erste Übungsstunde statt. Dass der Krieg auch an unseren Aktiven nicht spurlos vorübergegangen war, sahen wir schon bei den ersten Übungen. Aber wer kennt nicht den Willen der Heber und Ringer? Fleißig wurde geübt und schon nach wenigen Monaten wurden Leistungen geschafft, die an die früheren anschlossen. Schon im Sommer 1947 wurde der erste Gewichtheberkampf mit der Mannschaft der Nordmark gestartet, der sportlich wie finanziell für den Verein ein Erfolg war. Großkampftage im Ringen wie im Gewichtheben folgten abwechselnd und brachten den Klub bei der Bevölkerung wieder in guten Ruf und Ansehen. Genau wie bei der 50 jährigen Jubelfeier stand auch diesmal wieder die Heberstaffel startbereit zum Endkampf um die Deutsche. Der große Wurf ist gelungen, ein Erfolg, wie er größer nicht sein konnte und für den Klub ein Beweis, dass auch nach 60 lange Jahren Mannschaft und Führung bestrebt sind, den Verein zu erhalten und die Jugend durch Sport und Spiel zu tüchtigen und gesunden Männern heranzubilden. Abschießend noch die Namen der jetzigen Ringermannschaft wie auch der Hebestaffel, damit auch die folgende Generation sich derjenigen Männer erinnern kann, die in schwerster Zeit große Opfer auf sich genommen, um den Verein und den Sport zu erhalten. Die Ringerstaffel: Bilstein, Fabritz, Stimper, Decker, Rohde, Jacobi, Grotzki und Samb, denen als Ersatzleute die Männer Sator, Neubach Stanul, Dickmann, Schneider und Stratmann zur Seite stehen. Die Hebestaffel ist mit einer Ausnahme die alte beblieben und startet wie folgt: Verley, Breßlein, Jansen, A. Wagner, W. Gottschalk, Bierwirth, denen ebenfalls beste Kräfte wie Hans Gottschalk, Karl und Josef Wagner, Graumann und Otto als Ersatz zur Seite Stehen. Daß auch die Jugend fleißig bei der Arbeit ist, versteht sich und sie ist gewillt, dereinst an den Taten der Alten würdig anzuknüpfen. Alle die vorgenannten Erfolge in den nun abgelaufenen 60 Jahren wären nicht möglich gewesen, wenn nicht früher wie heute neben den aktiven Sportlern die verantwortlichen Männer vom Vorstand die Arbeit geleistet hätten, die denen der Aktiven gleichkommt.

Fortsetzung folgt…